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Grazcha fich, Barbara!

Barbara Aeschbacher mit Fernblick auf Sils, in der Landschaft der Region von Maloja, die ausser zahlreichen anderen berühmten Schriftstellern, Künstlern und Gelehrten auch Friedrich Nietzsche begeistert hat. Foto: DR

Nach 13 Jahren verlässt die Zentralsekretärin den SMV, um sich beruflich neu zu orientieren.

Nachdem sie sich für die Sache der Musikerinnen und Musiker eingesetzt und sich voll und ganz für ihre Rechte engagiert hat, wird Barbara Aeschbacher künftig die meiste Zeit in ihrem geliebten Bündnerland verbringen. Sie wurde zur Gemeindepräsidentin von Sils im Engadin (Segl auf romanisch) gewählt, wo sie seit gut dreissig Jahren ansässig ist. Ihre neue Funktion wird sie am 1. Januar 2021 aufnehmen. Wir wünschen ihr für die Zukunft alles Gute!

Interview

-Was behältst Du von Deinen Jahren beim SMV im Dienste der Musiker*innen in Erinnerung?

Barbara Aeschbacher: Als schönste Erinnerung werde ich die tolle Zusammenarbeit mit wundervollen Menschen mitnehmen. Die Musikerinnen und Musiker habe ich als sehr kultivierte, gut ausgebildete, feinfühlige und äusserst freundliche und liebenswerte Menschen kennen gelernt. Ich habe es sehr geschätzt, mich für die Anliegen von so angenehmen Mitgliedern einzusetzen zu dürfen. Ich hoffe, die vielen privaten Freundschaften, die sich über die Jahre entwickelt haben, weiterführen zu können. Auch das offene und vertrauensvolle Miteinander innerhalb des Zentralsekretariats habe ich sehr bereichernd und inspirierend empfunden und als grosse Unterstützung in schwierigen Situationen.

-Welche Entwicklungen hast Du im Lauf der Jahre im Zentralsekretariat wahrgenommen?

Trotz wenigen Vorkenntnissen über die Arbeitsverhältnisse von Musiker*innen, habe auch ich schnell feststellen müssen, dass im Bereich der Freischaffenden noch vieles im Argen liegt. Gerade dort haben wir einiges – wenn auch noch lange nicht alles – erreicht. Eine korrekte Abrechnung der Sozialleistungen hat sich mittlerweile bei den meisten Projektorchestern und Ensembles durchgesetzt. Die schwierigen Arbeitsbedingungen der Freischaffenden kommen vermehrt auf die politische Agenda. Es zeigt sich über die letzten Jahre immer deutlicher, dass mit Aufnahmen nicht mehr wirklich Geld zu verdienen ist. Immerhin konnten aber die Urheber – und Leistungsschutzrechte angepasst werden.
Bezüglich der Berufsorchester nehme ich insbesondere eine negative Entwicklung betreffend Subventionspolitik wahr. Es drohen zunehmend massive Subventionskürzungen und, damit einhergehend, geplante Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen.

-Du hast Dich besonders für die Gesamtarbeitsverträge eingesetzt. Wie würdest Du ihre Bedeutung einschätzen?

Ich hatte nie den Eindruck, dass ich mich mehr oder speziell um die Gesamtarbeitsverträge gekümmert hätte. Meine Arbeitszeit hat sich über das Ganze gesehen wohl ziemlich genau hälftig auf die Anliegen der Festangestellten und derjenigen der Freischaffenden verteilt. Die Anliegen der Freischaffenden sind aber häufig breiter gefächert und können oft weniger gebündelt angegangen werden.
Den Gesamtarbeitsverträgen kommt aus meiner Sicht tatsächlich eine ganz zentrale Bedeutung zu. Für mich sind sie quasi das Rückgrat des Verbandes. Nicht nur können mit einem einzigen GAV gleichzeitig für zahlreiche Musikerinnen und Musiker gemeinsam gute Arbeitsbedingungen festgeschrieben werden. Sondern sie definieren insbesondere auch Standards, die weit über die Berufsorchester hinaus Signalwirkung entfalten. Und da es sozialpartnerschaftlich ausgehandelte Verträge sind, sind diese Standards auch auf Arbeitgeberseite akzeptiert.

-Die Tarifordnungen des SMV sind ebenfalls wichtige Werkzeuge für die Musiker*innen.

Die Tarifordnungen müssten für die Freischaffenden das sein, was für die Festangestellten die GAV sind. Dass sie dies (noch) nicht sind, liegt daran, dass sie als einseitige Erlasse im Gegensatz zu ausgehandelten Verträgen nicht rechtsverbindlich sind. Eine solche Rechtsverbindlichkeit zu erwirken ist eines der wichtigen Ziele des SMV. Damit wären die Tarifdiskussionen und die Fragen um Sozialversicherungsbeiträge für unzählige freischaffende Musikerinnen und Musiker auf einen Schlag geklärt. Aber immerhin sind die SMV-Tarifordnungen heute schon schweizweit als Richtschnur in Tariffragen anerkannt. Ihre Bedeutung wird zunehmend gestärkt, weil zum einen mit der neuen Kulturbotschaft die Einhaltung von branchenspezifischen Tarifen eine Voraussetzung für finanzielle Unterstützungsleistungen sind und auch bei den Kantonen und privaten Geldgebern die Bereitschaft steigt, eine Unterstützung an die Einhaltung der SMV-Tarifordnungen zu knüpfen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die SMV-Tarife Minimaltarife sind. Konkrete Berechnungen zeigen, dass sich Musikerinnen und Musiker auch mit diesen Tarifen keine goldene Nase verdienen und lohnmässig weit unter anderen Hochschulabgängern liegen.

-Die Folgen der Pandemie für die Kultur haben die Wichtigkeit der Solidarität und der staatlichen Massnahmen gezeigt, um diesen Sektor in der Krisenzeit zu unterstützen. Was ziehst Du für Lehren daraus?

Leider hat sich gezeigt, dass trotz allen Bemühungen die Schwächsten im System häufig dennoch durch die Maschen fallen. Es hat sich aber auch gezeigt, dass sich mit einem engen Zusammenstehen der Kulturverbände sehr wohl viel für den Kulturbereich erreichen lässt. Möglicherweise ist mit diesem Näherrücken, der geballten Kraft der Kulturverbände und den mittlerweile augenscheinlichen Problemen der Freischaffenden nun der Zeitpunkt gekommen, hier im grossen Stil auch für die Zukunft Verbesserungen herbeiführen zu können.

-Möchtest du noch etwas ergänzen?

Ich möchte an dieser Stelle allen, mit denen ich in den letzten Jahren ein längeres oder kürzeres Wegstück gemeinsam gegangen bin, ganz herzlich für die tolle Zusammenarbeit danken und freue mich auf viele Besuche in Sils. Meine Tür steht offen und ich werde auch immer ein offenes Ohr für die Anliegen der Kulturschaffenden haben.

Laurent Mettraux; Übersetzung Daniel Lienhard