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Urheberrecht: Vorschlag der Europäischen Kommission enttäuscht ausübende Künstler/innen

oettinger-image-commentedAm Donnerstag, den 14. September 2016 veröffentlichte die Europäische Kommission ihren Richtlinienentwurf zum Urheberrecht auf dem digitalen Binnenmarkt. Diese Mitteilung erfolgte am selben Tag wie die Rede von Präsident Junker zur Lage der Union 2016.

Die bei dieser Gelegenheit von Seiten der Vertreter/innen der Kommission abgegebenen Erklärungen sind sehr ehrgeizig und werden thematisch sogar als Schwerpunkt genannt. Wir freuen uns daher, wenn Jean-Claude Juncker betont: „Künstler und Kulturschaffende sind unsere Kronjuwelen. Die Schöpfung von Inhalten ist kein Hobby, sondern ein Beruf. Und sie ist Teil unserer europäischen Kultur.“

In dieser Pressemitteilung der Kommission ist die Rede von „einem Mechanismus, der Urhebern und ausübenden Künstlern helfen soll, bei der Aushandlung von Vergütungen mit Produzenten oder Verlegern einen fairen Anteil zu erhalten.“

Der für Bildung, Kultur, Jugend und Sport zuständige europäische Kommissar Tibor Navracsics weist zu Recht darauf hin, dass Autoren und ausübende Künstler „verdienen, ihren angemessenen Anteil der durch ihre Werke erwirtschafteten Einnahmen zu erhalten.“

Daher konnte man zu Recht erwarten, dass der Richtlinienentwurf diese von Juncker, Oettinger, Ansip bzw. Navracsics erwähnten, überaus ehrgeizigen Ziele aufzeigt. In Wirklichkeit lässt man Worten jedoch keine Taten folgen und die ausübenden Künstler/innen zählen leider zu den großen vergessenen Themen dieses Texts.

Zwar werden in den Artikeln 14-16 des Titels IV, Kapitel 3, ansatzweise Antworten auf die Forderungen der Kunstschaffenden gegeben, indem Regelungen für Transparenz einführt und es ermöglicht werden soll, im Nachhinein einen Anspruch geltend zu machen, wenn die gezahlte Vergütung im Verhältnis zu den Einnahmen disproportional niedrig war. Dennoch werden diese Artikel nicht den Erwartungen der großen Mehrheit der ausübenden Künstler/innen gerecht, die eine Garantie auf Vergütung jedes Mal, wenn ein Musiktitel heruntergeladen oder über Streaming mittels einer Plattform wie Spotify, Apple Music oder Netflix angehört wird, fordern.

Es ist offensichtlich so, dass man bei diesen Regelungen nur Autoren und die großen Künstler/innen im Sinne hatte, wie Verweise auf einen „signifikanten Beitrag“, eine „unverhältnismäßige Verwaltungsgebühr […] im Vergleich zu den erzielten Einnahmen,“ bzw. eine vertragliche, „unverhältnismäßig geringe“ Vergütung, im Vergleich zur Gesamtheit der durch die Nutzung des Werkes erzielten Einnahmen, zeigen.

Selbst für die wenigen bekannten Künstler/innen, die wahrscheinlich von diesen neuen Regelungen profitieren, ist das vorgeschlagene System nur von sehr beschränkter Tragweite. Es hängt in Wirklichkeit nicht nur zum großen Teil von den Bedingungen seiner Umsetzung im nationalen Recht und seiner Auslegung ab, sondern beruht auch auf der Prämisse, dass Künstlerverträge schlechthin fair sind. Daher obliegt dem Künstler die Beweislast und die Verpflichtung, komplexe, langwierige, kostenträchtige und ungewisse Verfahren zu durchlaufen, um Abhilfe in einer unfairen Situation zu schaffen. Da sich außerdem die meisten Künstler/innen in einer labilen Lage befinden, werden nur wenige von ihnen im Laufe ihrer Tätigkeit das Risiko eingehen, sich mit ihren Produzenten zu überwerfen, indem sie ein solches Verfahren gegen diesen anstrengen.

Der Vorschlag der Fair Internet-Koalition ist die wirklichkeitsnächste und wirksamste Lösung, damit das Internet für alle ausübenden Künstler/innen in Europa fairer wird, weil sie ein nicht abtretbares Recht auf Vergütung vorsieht, das von den Plattformen wahrgenommen und kollektiv verwaltet wird.

Die Fair Internet-Kampagne, die auch von der FIM geführt wird, läuft beim Europäischen Parlament weiter, um die Unzulänglichkeiten des Textes der Kommission, einschließlich der Formulierung der Artikel 14 bis 16, zu korrigieren.

Quelle: Internationale Musikerföderation (FIM)