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Eine Frau und freischaffende Musikerin sein

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Die Geigerin Marion Devaud, die als Freelancerin arbeitet, wird vor allem vom Orchestre de la Suisse Romande (OSR) engagiert, regelmässig seit 2005, aber auch von der Sinfonietta de Lausanne. Sie unterrichtet und spielt auch andere Arten von Musik in Gruppen wie den En-sembles Artefact und Dear Deër. Aktuell baut sie ihre Plattform für private Konzerte und Musik für Veranstaltungen auf, die den Namen Neon tragen wird.

Welches sind die spezifischen Probleme, die einem als Frau begegnen können, die freischaffend und Zuzügerin in Orchestern ist?

Zunächst einmal muss man festhalten, dass «Freelancer*innen», egal ob Frauen oder Männer, den gleichen Stressbedingungen ausgesetzt sind: der Adrenalinspiegel ist besonders hoch, wenn man kurzfristig einspringen muss, und die Launen des Lebens (Krankheit oder anderes) sind für alle dieselben. Die Corona-Pandemie war ebenfalls eine besondere Herausforderung und hat die Probleme aufgezeigt, mit denen freischaffende Musikerinnen und Musiker konfrontiert sind – für mich persönlich hat sie durchaus Ängste und Furcht ausgelöst.

In Bezug auf geschlechtsspezifische Besonderheiten beginnt man, dem Thema der schwangeren Frauen innerhalb eines Orchesters (oder an anderen lärmigen Orten) im Rahmen der Mutterschutzverordnung des Arbeitsrechts Rechnung zu tragen und prüft, ob eine länger anhaltende zu grosse Lautstärke zu Schäden für Mutter und Fötus führen kann. In Erwartung der Resultate der Risikoanalyse, die vom Kantonsarzt und vom Kantonalen Arbeitsinspektorat in Auftrag gegeben wurde, musste das OSR Vorsichtsmassnahmen ergreifen und beschäftigt Frauen ab dem ersten Tag der Schwangerschaft nicht mehr. Wenn festangestellte Musikerinnen von diesem Arbeitsverbot betroffen werden, erhalten sie trotzdem ihren Lohn, dies ist aber für Freischaffende nicht der Fall, die dadurch in finanzielle Bedrängnis geraten. Man hat auch Angst, durch eine längere Abwesenheit aus den Arbeitsnetzwerken zu fallen: Man müsste deshalb eine Lösung finden, die Frauen keine Nachteile bringt; im Moment gibt es darüber Diskussionen auf Gewerkschaftsebene.

Und schliesslich, da in der Musik die gleichen Bedingungen wie in anderen Gebieten herrschen und sie natürlich keine Ausnahme ist, sind wir als Frauen nicht geschützt und den Machtverhältnissen mehr ausgesetzt als Männer.

Hast Du selbst schon Probleme mit Machtspielen und Sexismus gehabt?

Ich war mit Problemen dieser Art nicht selbst konfrontiert, aber ich bin sehr überzeugt, dass sie existieren, manchmal auf einer subtilen Ebene. Im Allgemeinen möchte man als Frau für unsere Arbeit als Musikerin geschätzt werden und nicht aus äusserlichen Gründen. Wir möchten aufgrund unserer Fähigkeiten beurteilt werden und nicht aufgrund dessen, wie wir angezogen sind oder wie wir aussehen. Aber können wir sicher sein, aus welchen Gründen wir für etwas ausgewählt wurden oder eben nicht? Wie dem auch sei, ich finde es wichtig, dass man die Sensibilität von jeder und jedem respektiert und sein Verhalten entsprechend anpasst. Die junge Generation ist für dieses Thema aufgeschlossener, und das gibt mir Hoffnung.

Wie siehst Du den Platz der Frauen im Orchester?

Solange in einem Probespiel die Kandidat*innen hinter einem Vorhang spielen, gibt es eine bessere Chancengleichheit. In den Orchestern ist die Ausgewogenheit der Geschlechter bei den Streichern ziemlich gut, vor allem bei den Geigen, obwohl die wichtigen Positionen noch oft den Männern vorbehalten sind – um eine verantwortungsvolle Stelle zu bekommen, muss eine Frau oft überqualifiziert sein, noch besser sein, um als glaubwürdig zu gelten. Die Blechbläser und das Schlagzeug sind nach wie vor weitgehend in Männerhand, während die Harfe fast immer von Frauen gespielt wird. Andere Bereiche der Musik sind noch weit von einer Parität entfernt: Komposition, Dirigieren, aber auch andere Musikstile wie der Rock. Es geht hier nicht um mangelndes Interesse oder mangelnde Begabung, vielmehr um soziale Codes, die Kinder von klein auf erfahren, oder um Verhaltensmuster, die verlangen, dass Männer unternehmungslustig und stark, die Frauen aber schön und gute Zuhörerinnen sein sollen – Unterschiede, die wie ewige Wahrheiten präsentiert werden und Privilegien und Diskriminierungen legitimieren sollen. Diese archaischen Vorurteile findet man immer noch bei der Instrumentenwahl, da gewisse als männlich, andere als weiblich angesehen werden. Als Anekdote kann noch erwähnt werden, dass man zum Beispiel im 19. Jahrhundert den Frauen davon abriet, ein Blasinstrument zu spielen, da ihr Gesicht davon Schaden leiden könnte. Auch hier glaube ich, dass die gegenwärtige Phase der Dekonstruktion des patriarchalen Systems die Zukunft besser machen wird.

Findest Du, dass die Frauen sich gegenseitig eher kritisieren oder neigen sie eher zur Solidarität?

In unserem Beruf müssen wir uns gegenüber sehr anspruchsvoll sein und entsprechend sind wir es auch den anderen gegenüber. Ich kann mir vorstellen, dass es schwierige Situationen gibt, die die Konkurrenzatmosphäre noch verschärfen, die ohnehin in der Musikszene existiert, wenn man als Aushilfe spielt: Es ist ein phantastischer, aber anspruchsvoller Beruf, und es ist leicht möglich, dass man seinen Platz in diesem Streben nach Perfektion bedroht sieht, besonders, wenn man nirgends ein «richtige Stelle» hat. Was die Solidarität betrifft, hängt alles von den Personen und Orchestern ab, das sind persönliche Erfahrungen. Was mich betrifft, habe ich das Glück, von anderen Zuzügerinnen unterstützt zu werden, mit denen ich meine Eindrücke teilen kann. In anderen Bereichen habe ich auch den Vorteil, von aussergewöhnlichen Frauen umgeben zu sein, die grosszügig und wohlwollend sind, echten Vorbildern, die mir mehr Kraft geben. Egal, welchen Beruf wir ausüben, gewinnen wir alle, wenn wir uns gegenseitig helfen und uns wohlgesonnen sind und können leichter unseren Platz im Leben finden, wenn wir solidarisch sind.

Marion Devaud (Foto: zvg)