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Künstlerische Qualität setzt angemessene Vergütung voraus

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Vier Basler Klangkörper haben das Parlament Ende März um eine Erhöhung der Programmförderung ersucht. Sie haben ausgerechnet, dass sie für eine Vergütung ihrer Musikerinnen und Musiker gemäss Minimaltarif rund 56 Prozent mehr kantonale Subventionen bräuchten als bisher.

«Basel als Musikstadt stärken und profilieren»: Mit diesen Worten ist ein kurzes Kapitel im aktuellen Kulturleitbild des Stadtkantons übertitelt. Das 90-seitige Dokument stammt aus dem Jahre 2012. Ursprünglich bis 2017 gültig, ist seine Laufzeit angesichts langwieriger Verhandlungen in Sachen Kulturvertrag mit Baselland sowie aufgrund des Leitungswechsels im Präsidialdepartement bis Ende 2019 verlängert worden.

Mit dem Leitbild kommt der Regierungsrat seinem gesetzlich vorgeschriebenen Auftrag nach, die Prinzipien der kantonalen Kulturförderung zu definieren. Neben der Förderung eines vielfältigen und qualitativ hochwertigen Kulturschaffens gehört zu diesen Prinzipien auch, dass sich der Kanton für angemessene Rahmenbedingungen sowie die Verbesserung der sozialen Sicherheit der Kulturschaffenden einsetzt. Ferner habe der Kanton «geeignete Strukturen und transparente Verfahren zur Beurteilung von Gesuchen und Vergabe von Fördermitteln» zu gewährleisten. So ist im eingangs erwähnten Kapitel von einer «Klärung der Strukturen und Profile des Orchester-Angebots» in Basel die Rede. «Klare Leistungsaufträge und Rahmenbedingungen tragen zur Entflechtung und zur sinnvollen Nutzung von Synergien bei, damit die subventionierten Orchester auf einem verantwortbaren und zukunftsfähigen Niveau stehen», heisst es weiter.

Weiter unten im Kulturleitbild werden Massnahmen hinsichtlich der Förderung der Basler Klangkörper skizziert. «Programmkoordination» und «Konzentration der Angebote» sind wichtige Schlagworte. Auch wird erkannt, dass neben dem Sinfonieorchester Basel (SOB) «zunehmend andere Ensembles in Erscheinung» treten würden, «welche an Qualität und Ausstrahlung durchaus konkurrenzfähig» seien, jedoch einen «vergleichsweise geringen Anteil der öffentlichen Gelder für sich in Anspruch nehmen können».

Seit die städtische Kulturabteilung diese Zeilen verfasst hat, ist viel Wasser den Rhein hinuntergeflossen. 2017 ist ein neues Orchesterkonzept in Kraft getreten. Abgesehen vom SOB müssen sich professionelle Orchester seither dem Wettbewerb um Programmförderungsbeiträge stellen. Letztere erstrecken sich in der Regel über drei Spielzeiten.

Derzeit wird bereits am neuen, 2020 in Kraft tretenden Leitbild gefeilt. In wenigen Wochen dürfte es in die Vernehmlassung gehen, denn schliesslich erfolgt die Festlegung kulturpolitischer Ziele per Gesetz «unter Mitwirkung aller interessierter Personen». Dem bevorstehenden Vernehmlassungsprozess des neuen Leitbilds eilte Ende März ein informeller Vorstoss jener vier Klangkörper voraus, welche aktuell Programmfördermittel erhalten: das Kammerorchester Basel, die Basel Sinfonietta, das Ensemble Phoenix sowie das La Cetra Barockorchester. In einem 20-seitigen Schreiben zuhanden des Grossen Rates, das dem SMV vorliegt, berufen sich die Administrationen der vier Klangkörper auf die im aktuellen Kulturleitbild formulierten Ziele, und zeigen auf, dass die Finanzmittel zur Erreichung ebendieser Ziele schlichtweg nicht ausreichen würden. Denn: Eine Steigerung der künstlerischen Qualität setze nicht zuletzt auch eine angemessene Bezahlung der Musikerinnen und Musiker voraus. Hier kommt der SMV-Tarif ins Spiel, genauer, der «Minimaltarif bei fallweiser Verpflichtung im Orchester». Bekanntlich betragen die Mindestsätze 175 Franken pro maximal dreistündige Probe und 203 Franken pro Konzert. Keinem der vier Klangkörper sei es derzeit möglich, diese Mindestsätze einzuhalten. Man bräuchte, so die gemeinsam vorgenommene Kalkulation der vier Administrationen, jährlich insgesamt 743.000 Franken mehr. (Bisher erhalten sie 1.32 Millionen, doch wären 2.06 Millionen notwendig). Folglich müsste der Programmförderungskredit angepasst werden.

Ende dieses Jahres läuft die erste Förderperiode des seit 2017 bestehenden Fördermodells aus. Erneut werden professionelle Klangkörper in Basel demnächst eingeladen, Gesuche um Finanzhilfen für ihre Basler Konzerte einzureichen. Die Entscheidungen obliegen, so die Auskunft der Kulturabteilung, einmal mehr einer unabhängigen Fachjury, die voraussichtlich im Herbst tagen wird. Die Vorlage eines Vorschlags zuhanden des Regierungsrats, welche Orchester ab 2021 – das kommende Jahr ist ein systemisch bedingtes Übergangsjahr – wieviel Programmförderung erhalten sollen, ist auf Ende 2019 terminiert. Dies wiederum setzt eine Anpassung der Fördergelder im Zusammenhang mit der Rahmenausgabenbewilligung voraus. Letzterer Entscheid wird ebenfalls in den kommenden Monaten gefällt werden.

 

Stellungnahme des Zentralvorstands

Wir unterstützen die Forderung der vier Basler Projektorchester nach einer Erhöhung der Subventionen. Obgleich es in der alleinigen Kompetenz der Klangkörper liegt, Einschätzungen zum zusätzlichen Finanzbedarf sowie zu allfälligen anderweitigen Optimierungspotenzialen abzugeben, anerkennen wir, dass die Eigenwirtschaftlichkeitsgrade der Klangkörper beachtlich hoch sind.

Unsere Unterstützung des Vorstosses der Klangkörper geht mit der Bitte an sämtliche Instanzen einher, den spezifischen Auftrag des Sinfonieorchesters Basel, das für die Umsetzung seines Grundversorgungsauftrag (sinfonisches Repertoire, Opernproduktionen im Theater Basel u.a.) auf eine gesonderte Finanzhilfe angewiesen ist, stets im Auge zu behalten. Die nötige Erhöhung der Subventionen für die vier Klangkörper darf keineswegs auf Kosten des SOB erfolgen, ebenso wenig auf Kosten anderer Sparten. Ein Umverteilungskampf ist im Interesse aller Parteien tunlichst zu vermeiden.

Ferner möchten wir an dieser Stelle noch einmal unterstreichen, dass wir die neue Förderpolitik des Kantons Basel-Stadt als einen Schritt in die richtige Richtung erachten. Dringenden Verbesserungsbedarf hingegen besteht aus unserer Sicht in den Förderbestimmungen, die den SMV-Minimaltarif betreffen. So heisst es im Merkblatt zur Programmförderung bislang, dass bei der «Berechnung und Auszahlung der Musikergagen […] eine Orientierung an den Tarifen des SMV erwartet» werde. Anstelle einer blossen «Orientierung» an dem Minimaltarif fordern wir die konsequente Einhaltung desselben.

Zürich, den 9. April 2019

Der Zentralvorstand des SMV