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Coronavirus – rechtliche Auswirkungen für Musikerinnen und Musiker: update

Bei rechtlichen Fragen rund um Absagen von Veranstaltungen wegen des Coronavirus muss grundsätzlich unterschieden werden, ob für ein Projekt ein Arbeitsvertrag oder ein Werkvertrag / Engagementsvertrag vorliegt. Die rechtliche Folge ist je nachdem eine andere.

Rechtliche Folge bei einer Absage einer Veranstaltung wegen Coronavirus

Bei Arbeitsverträgen gilt eine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers (ausgenommen Spesen, die effektiv nicht mehr anfallen).

Bei Werkverträgen ist die rechtliche Einschätzung umstritten. Der SMV geht zur Zeit davon aus, dass zumindest diejenige Arbeit, die bereits getätigt wurde im Hinblick auf die Erfüllung des Vertrages (z.B. Proben, Auslagen) vom Veranstalter zu entschädigen ist. Am besten ist es jedoch, wenn auf eine Verschiebung der Veranstaltung hingewirkt wird.

Die folgenden wichtigsten Kriterien geben einen Hinweis für die Unterscheidung zwischen Arbeitsvertrag und Werkvertrag

Arbeitsvertrag:

  • Erbringen einer Tätigkeit
  • Unselbständig erwerbend, d.h. sämtliche Sozialleistungen werden durch den Arbeitgeber abgerechnet
  • Die Arbeit findet weisungsgebunden statt (klare Vorgaben über Ort, Zeit, Dauer, Pausen, Inhalt, Art und Weise der Ausführung  etc.)
  • Eingliederung in eine Organisation
  • Kein Auftreten in eigenem Namen
  • Keine eigene Rechnungsstellung

In der Regel: festangestellte Orchestermusiker, Zuzüger, Projektorchester

Werkvertrag:

  • Abliefern eines fertigen Werkes (z.B. fertig einstudierte, aufführungsreife Vorstellung)
  • Selbständig erwerbend, d.h. Musikerin und Musiker rechnen selber ab.
  • Die Arbeit wird weisungsungebunden erbracht (Unabhängigkeit bezgl. Programm, Art der Ausführung etc.)
  • Keine Eingliederung in eine Organisation
  • Auftritt in eigenem Namen
  • Eigene Rechnungsstellung

In der Regel: Solisten, kleinere Ensembles, Kammermusik, Bands

Achtung: Ein Vertrag kann auch mündlich gültig geschlossen werden! Schriftlichkeit ist nicht Voraussetzung, allerdings wichtig bei Beweisfragen.

Festangestellte Orchestermusiker

Bei abgesagten Veranstaltungen besteht eine vollständige Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Bei Absagen innerhalb der Frist, innert welcher die Dienste verbindlich angesetzt sind (z.B. Vierwochenplan), müssen die Dienste gezählt werden. Ausserhalb dieser Frist dürfen Dienste ohne deren Anrechnung abgesagt werden. Das hat zur Folge, dass diese Dienste in der laufenden Saison unter Berücksichtigung sämtlicher geltender GAV-Bestimmungen (Ruhezeiten, Jahresmaxima, etc.) neu eingeplant werden können.

Ist die Durchführung einer Veranstaltung zulässig gem. Verordnung Bundesrat (aktuell unter 1000 Teilnehmer) und kantonaler Regelung, besteht grundsätzlich eine Arbeitspflicht des Arbeitnehmers.

Zuzüger

Bei abgesagten Veranstaltungen besteht eine vollständige Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Findet die Absage allerdings vor einer im Vertrag klar definierten Absagefrist (meistens 14 Tage) statt, zieht sie keine finanziellen Folgen nach sich und der Zuzüger erhält keine Entschädigung.

Freischaffende Musiker*innen mit Werkverträgen

Bei abgesagten Veranstaltungen gestützt auf die Vorgaben des Bundes und des Kantons wegen Coronavirus sollte unbedingt auf eine Verschiebung der Veranstaltung hingewirkt werden. Ist dies nicht möglich, steht den Musiker*innen nach aktueller Einschätzung des SMV zumindest eine Entschädigung für die bereits vorgenommenen Tätigkeiten und Auslagen im Hinblick auf die Vertragserfüllung zu.

Wichtig ist es, dass Musiker*innen abgesagte Veranstaltungen, die sie betreffen, genau dokumentieren und die dazugehörigen Unterlagen wie Verträge, Mails etc. aufbewahren. Ungewiss ist, ob zu einem späteren Zeitpunkt allenfalls Kompensationsmassnahmen von irgend einer Seite her möglich werden.

Politische Einflussnahme

Der SMV nutzt seine Mitgliedschaft beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund, um die Problematik, die sich mit dem Coronavirus für die Musiker*innen, insbesondere für die Freischaffenden, ergibt, prominent auf politischer Ebene einzubringen, u.a. beim vorgesehenen Gipfeltreffen der Gewerkschaften mit Bundesrat Guy Parmelin. Um mit möglichst konkreten Zahlen argumentieren zu können, hat der SMV eine Datenerhebung über abgesagte Veranstaltungen und den damit verbundenen Gagenausfällen lanciert. Alle betroffenen Musiker*innen, unabhängig von einer Verbandszugehörigkeit, sind aufgerufen, bei dieser online-Datenerhebung auf der SMV-Website mitzumachen.