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Schwangerschaft führt zu monatelangem Lohnausfall

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Gewerkschaftliche Gedanken zur Mutterschaftsentschädigung

Spätestens seit dem Lockdown 2020 ist breiten Kreisen bewusst geworden, dass freischaffende Musiker:innen bei Absagen von Veranstaltungen schlecht abgesichert sind. Damals wurden Coronahilfen gesprochen und es wurde versucht, die katastrophalen Lohneinbussen für Kunstschaffende abzufedern. Weniger bekannt ist, dass schon eine Schwangerschaft genügt, um vergleichbare Lohneinbussen verkraften zu müssen.

Anfang September hat der Bundesrat die Motion «Schwangerschaft am Arbeitsplatz. Lücken schliessen, Mutterschutz für alle Arbeitnehmerinnen» zur Ablehnung empfohlen, da er keinen Handlungsbedarf sehe. Er sollte mal einen Blick in die Musik-Branche werfen!

Schwangere geniessen einen besonderen Schutz am Arbeitsplatz. Können sie ihre übliche Arbeit nicht mehr ausführen, weil diese zu beschwerlich oder zu gefährlich ist, muss ihnen ihr Arbeitgeber eine gleichwertige Ersatzarbeit anbieten. Acht Wochen vor der Geburt gilt ausserdem ein Arbeitsverbot ab 20 Uhr. Ist es der Arbeitgeber:in nicht möglich eine gleichwertige Ersatzarbeit anzubieten, müssen Schwangere freigestellt und ihnen 80 Prozent ihres Lohns gezahlt werden. Die Krankentagegeldversicherung springt hier nicht ein, denn Schwangerschaft ist keine Krankheit!

Bei uns Musikerinnen bedeutet das, dass wir acht Wochen vor der Geburt nicht mehr arbeiten können. Auch eine konsequente Einhaltung des im Mutterschutzgesetzes vorgesehenen Lärmgrenzwertes von 85dB(A) – zum Schutz des ungeborenen Kindes – führt teils zu monatelangen Beschäftigungsverboten.

Für Festangestellte ist das vorderhand kein Problem. Insbesondere dann nicht, wenn sie einem guten GAV unterstehen und dabei zum Teil von Regelungen profitieren, die über die gesetzlichen Vorgaben hinaus gehen. Doch sehr viele Musiker:innen arbeiten freischaffend.

Freischaffende sind die Basis des musikalischen Kulturlebens in der Schweiz. Kein Chorkonzert und kein Festival kommt ohne sie aus. Selbst die Profiorchester sind auf sie angewiesen, wenn sie grosse Programme spielen, eigene Orchestermitglieder krank oder Stellen frei sind. Sie werden projektweise unter Vertrag genommen, gelten aber nicht als selbständig erwerbend, da sie meist keine eigenen Konzerte organisieren. Als Schwangere werden sie – zumindest in den letzten Monaten – ganz einfach nicht mehr angestellt.

Bleibt nur, sich auf dem RAV melden und Arbeitslosengeld beantragen. Arbeitslosenversicherte, die wegen Krankheit, Unfall oder Schwangerschaft arbeitsunfähig sind, haben jedoch längstens bis zum 30. Tag Anspruch auf die volle Arbeitslosenentschädigung.

Voraussetzungen, um nach der Geburt Mutterschaftsentschädigung zu erhalten, sind aber ein Arbeitsvertrag, der Status selbstständig erwerbend, oder die Anspruchsvoraussetzungen für ALV-Taggelder zu erfüllen. Mit anderen Worten: Freischaffende haben kaum Chancen Mutterschaftsentschädigung zu erhalten. Bei ihnen führt das Mutterschutzgesetz, welches die Gesundheit der werdenden Mutter und des ungeborenen Kindes – vollkommen zu Recht – schützt, zu monatelangem, totalem Lohnausfall.

Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass es in anderen Branchen mit einem hohen Anteil weiblicher Freischaffender anders aussieht als bei uns Musikerinnen. Die vom Bundesrat zur Ablehnung empfohlene Motion verlangt, dass keine Aussteuerung aus der Arbeitslosenversicherung während der Schwangerschaft erfolgen kann, dass die Anzahl ALV-Taggelder für schwangere Arbeitslose bei gesundheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit erhöht wird und die Lohnfortzahlung durch EO-Entschädigungen bei ärztlich erlassenen Beschäftigungsverboten übernommen wird.

Derzeit wird sie im Ständerat behandelt. Ich hoffe sehr, dass die kleine Kammer den Handlungsbedarf sieht!

Hanna Rasche
Mitglied der Gewerkschaft SMV und der Anlaufstelle Elternschaft am Opernhaus Zürich