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Die scheidenden Mitglieder des Zentralvorstands im Interview

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Daniel Lienhard, 03.11.2022 (Schweizer Musikzeitung)

Die drei scheidenden Mitglieder des Zentralvorstands – darunter die beiden Co-Präsidenten – gaben uns Auskunft über ihre Erfahrungen an der Spitze des SMV, die Veränderungen im Musikleben und ihre persönliche Zukunft.

Alain Pasquier

Alain Pasquier studierte Posaune am Basler Konservatorium und an der Musikhochschule in Köln. Er spielte 1984 im vom SMV organisierten Bieler Sommerorchester mit und war 1991 Posaunist im vom SMV zusammengestellten Festspielorchester Luzern. Von 1982 bis 1988 war er Posaunist der Basel Sinfonietta. Seit über dreissig Jahren ist er Soloposaunist im Sinfonieorchester St.Gallen, ausserdem Posaunist im Brass Quintett St.Gallen. Seit 2011 ist er im Zentralvorstand des SMV tätig, 2020 bis zur DV 2022 als Co-Präsident.

Was hat Dich in den Jahren als Zentralvorstandsmitglied und später als Co-Zentralpräsident am meisten geprägt?
Alain Pasquier: Als ZV-Mitglied war für mich der Austausch mit den Kollegen aus den anderen Sektionen immer sehr interessant und lehrreich. Als Co-Präsident vor allem dann die enge Zusammenarbeit mit Beat Santschi, Jessica Frossard und Patricia Bühler, die alle drei einen super Job machen. Spannend war auch immer das Zusammentreffen mit den Vertretern der verwandten Verbände: Orchester.ch, Sonart, SMPV, international DACH sowie die FIM. Als Ereignisse möchte ich gerne das Fest im Opernhaus Zürich zum hundertjährigen Jubiläum des SMV 1914-2014 sowie die vor kurzem erfolgte Gründung der Sektion Fribourg hervorheben.

Kannst Du eine Veränderung in den Orchestern seit Deinen Anfängen feststellen?
Seit ich Ende 1988 im damals noch «Städtischen Orchester St.Gallen» als Posaunist angefangen habe, wurden Kollegen auf über 60 Positionen ausgewechselt. Die meisten aufgrund regulärer Pensionierung, aber nicht nur. Das hat natürlich sehr viele jüngere Kolleg*innen in unser Orchester gebracht. Obwohl ich der Ansicht bin, dass die besten Musiker schon lange auf einem Topniveau spielen (Heifetz, Holliger, Pollini, Maurice André u.v.a. bilden für mich so etwas wie eine ewige Bestenliste), ist es sicher so, dass die Spitze durch die grössere Menge an Musikstudierenden breiter geworden ist. Davon profitieren nicht zuletzt insbesondere die kleineren Orchester.

Was hast Du für Pläne für die nächsten Jahre?
Sicher die mir verbleibende Zeit im Sinfonieorchester St.Gallen geniessen. Zuhause wartet eine Bibliothek von ca. 2000 Büchern darauf, gelesen zu werden. Bei einem Schnitt von dreissig Büchern pro Jahr benötige ich dafür so an die 66 Jahre, also kein Problem… Dazu werden kommen: Städtereisen, Museumsbesuche, mit guten Freunden gut essen und gute Weine kredenzen.

Alain Pasquier (Foto André Pasquier)

David Schneebeli

David Schneebeli, geboren 1961, stammt aus Zürich, wo er auch seine musikalische Ausbildung bei Manfred Sax erhielt. Nach weiteren Studien bei Klaus Thunemann in Hannover wurde er 1985 Solofagottist im Radio-Sinfonieorchester Basel. Seit der Basler Orchesterfusion 1997 bekleidet er diese Funktion im damals neu entstandenen Sinfonieorchester Basel. Als Solofagottist wirkt er zudem regelmässig im Zürcher Kammerorchester. Die Mitgliedschaft in mehreren Kammermusik-Ensembles war über all die Jahre eine wesentliche Ergänzung seiner Orchestertätigkeit. David Schneebeli wirkte während vieler Jahre als Orchestervorstand und engagierte sich stets im SMV. Von 1995-2004 war er Präsident der Sektion Basel. 2008 wurde er in den Zentralvorstand gewählt. Zusammen mit Alain Pasquier wirkte er von 2020 bis zum gemeinsamen Rücktritt im Sommer 2022 als Co-Zentralpräsident. Im Vorstand des Schweizer Musikrates vertritt David Schneebeli seit 2011 den Bereich «Professionelle».

Was hat Dich in den Jahren als Zentralvorstandsmitglied und später als Co-Zentralpräsident am meisten geprägt?
David Schneebeli : Eine Feststellung, die ich in diesem Zusammenhang anführen könnte, ist eigentlich die Tatsache, dass es für zahlreiche fundamentale Themen keine dauerhafte Lösung gibt. Eine andere Erfahrung, die mich besonders geprägt hat, ist folgende: Um ein Ziel zu erreichen, muss der SMV, als relativ kleine Gewerkschaft, oft Allianzen eingehen und muss sich immer als aufrichtiger und zuverlässiger Partner den Respekt des Gegenübers erwerben, selbst wenn es sich um eine Person oder eine Institution handelt, die uns nicht besonders gewogen ist.

Kannst Du eine Veränderung in den Orchestern seit Deinen Anfängen feststellen?
Ganz sicher, wenn man bedenkt, dass es sich um eine Zeitspanne von mehr als 35 Jahren handelt! Die Veränderung, die mir am wichtigsten scheint, ist die Tatsache, dass man in Zukunft nur nach seinen tatsächlichen Leistungen beurteilt wird und nicht nach dem Dienstalter. Es gibt keine geruhsamen Posten mehr. Im Übrigen verlangt der Beruf auf verschiedenen Ebenen mehr Flexibilität: sowohl, was den Stil betrifft als auch bezüglich der persönlichen Einsatzbereitschaft, zum Beispiel. Das Verhältnis zwischen den Dirigenten und den Orchestern hat sich auch verändert: man arbeitet in einem kollegialeren und weniger hierarchischen Geist zusammen.

Was hast Du für Pläne für die nächsten Jahre?
Im Lauf der nächsten Jahre versuche ich, mein instrumentales Niveau zu halten und so gut wie möglich von der zusätzlichen Zeit zu profitieren. Ich hoffe, während meiner letzten Berufsjahre im Orchester noch viele wundervolle Konzerte und tolle Theateraufführungen zu erleben.

David Schneebeli (Foto Regula Recher)

Daniel Schädeli

Daniel Schädeli studierte an den Musikhochschulen von Luzern, Zürich und Bern. Meisterkurse bei vielen namhaften Tubisten und ein Studienaufenthalt in Chicago ergänzten seine Studien.
Als Solist oder Kammermusiker ist er Preisträger internationaler Wettbewerbe in Genf, Luzern, München, Passau oder Guebwiller. Komponisten wie Julien-François Zbinden, Jost Meier, Dominique Roggen, Jean-Luc Darbellay und Daniel Glaus widmeten ihm Solowerke. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Solotubist im Berner Symphonieorchester sowie im Gstaad Festival Orchestra, seinen solistischen Auftritten und Konzerten mit Lucerne Chamber Brass und weiteren Ensembles wie Festival Brass oder Pro Brass ist die pädagogische Tätigkeit sein zentrales Anliegen. Er betreut eine Berufsklasse an der HEMU Fribourg und ist Lehrer an der Musikschule Region Wohlen.

Gibt es eine ideale Dauer für die Mitarbeit im SMV-Zentralvorstand?
Daniel Schädeli: Mein Engagement für den Zentralvorstand habe ich im Anschluss an meine 4 Jahre als Orchestervorstandspräsident des Berner Symphonieorchesters begonnen. Ich habe mir von Anfang an eine Dauer von 10 Jahren auferlegt, da ich der Meinung bin, dass es immer gut ist, wenn sich Gremien  erneuern – ich bin also alles andere als ein «Sesselkleber».

Was hat Dich in den Jahren als Zentralvorstandsmitglied am meisten geprägt?
Geprägt habe mich verschiedene Dinge. Zum einen war und ist es schön, festzustellen, dass wir einen aktiven und gut vernetzten Verband haben, der sich für die Rechte und Arbeitsbedingungen seiner Mitglieder erfolgreich einsetzen kann und das auch tut. Um dies zu gewährleisten, braucht es ganz viel Arbeit und “Networking” im Hintergrund, etwas was für die meisten “normalen” Mitglieder gar nicht sichtbar ist. Wir haben eine professionelle operative Ebene mit unserer tollen Geschäftsstelle in Zürich und einen Zentralvorstand, der aus Vertreterinnen und Vertretern möglichst aller Regionen besteht, das scheint mir auch für die Zukunft der richtige Weg zu sein. Geprägt haben mich persönliche Schicksale, welchen wir in unserer Stiftung mit Rechtsschutz und in Zusammenarbeit mit professionellen Juristinnen und Juristen begegnet sind. Die Corona-Pandemie war eine Schlüsselzeit, die mich auch im SMV sehr beschäftigt hat. Als Mitglied des Stiftungsausschusses war ich Teil einer Gruppe, die Notkredite sprach. Viele Freischaffende hatten sehr harte Zeiten. Das ging uns nahe und ich war einfach dankbar, dass es mir und meiner eigenen Familie gut ging und wir im SMV eine so schöne Solidarität erleben durften.

Was hast Du für Pläne für die nächsten Jahre?
Nun habe ich mehr Zeit für meine Familie und meine eigenen musikalischen Projekte und Aufnahmen, neu auch als “Buffet-Crampon” Artist, sowie für meine neue Stelle an der HEMU. Ich habe das grosse Glück, dass gerade 3 Uraufführungen von drei verschiedenen Schweizer Komponisten anstehen, zum einen mit dem Berner Kammerorchester Ende Oktober, zum anderen in Basel und Lausanne Ende Jahr und Anfang 2023. Daneben spiele ich sehr viel Kammermusik im In- und Ausland, für mich die «Paradedisziplin» schlechthin.

Wie nimmst Du den Wandel in der Wahrnehmung der Tuba im 21. Jahrhundert wahr?
Die Tuba ist immer noch ein junges Instrument und gehört wohl zu den Instrumenten, die sich in den letzten Jahren und Jahrzenten am stärksten entwickeln durften. Ich möchte auch dazu beitragen und diesen Weg weiter gehen, Neues entdecken und Spass dabei haben.

Daniel Schädeli (Foto zvg)