[Medienmitteilung der Taskforce Culture zum Entscheid des Bundesrats und der Frühjahrssession im Parlament]
Der Bundesrat hat einen sehr vorsichtigen Plan gefasst für die schrittweise Wiedereröffnung der Kultur. Dass Museen und Lesesäle von Bibliotheken bereits im ersten Schritt wieder Publikum empfangen können, dass Kinder und Jugendliche wieder ihren kulturellen Aktivitäten nachgehen dürfen, ist erfreulich. Die Politik anerkennt im Grundsatz das Bedürfnis der Menschen nach kulturellen Aktivitäten. Was das Tempo der Öffnung angeht, gibt es aber auch innerhalb der Kulturbranche verschiedene Ansichten. Die einen verweisen auf erfolgreiche und vertrauenswürdige Schutzkonzepte und fordern eine raschere Öffnung. Andere befürchten, dass die dringend nötige Planungssicherheit nur gegeben ist, wenn die gesundheitliche Lage wirklich unter Kontrolle ist und bleibt. Mehrere europäische Studien belegen, dass Kulturveranstaltungen keine Infektionsherde sind. Es ist jetzt an der Zeit, dies auch in der Kommunikation zu berücksichtigen und der Stigmatisierung der Kulturorte ein Ende zu setzen.
Das Mögliche ermöglichen, rasch die Richtlinien klären…
Einig ist sich der ganze Sektor darin: Das Mögliche soll ermöglicht werden und die Kriterien der geplanten Öffnungen müssen in den nächsten Tagen kommuniziert werden. Für manche ist es notwendig, weit im Voraus planen zu können, wie z.B. bei Festivals, andere können schneller reagieren. Aber auch kurzfristig mögliche Öffnungen brauchen klare Richtlinien: Wenn ein Theater nicht weiss, ob es nun max. 50 Personen (unabhängig von Raumgrösse) oder 50% seiner Sitzplätze bei guter Lüftung und nur 33% bei keiner Lüftung aufnehmen darf, wie soll es dann Tickets verkaufen bzw. reservieren lassen? Wie soll es seine Crew dafür organisieren? Niemand will sein Personal zum dritten oder vierten Mal aufbieten, dann alles abblasen und vielleicht mit 80% entschädigen, aber erst nach Monaten oder gar nicht.
Die Kulturverbände stehen weiterhin bereit für den konstruktiven und nahen Austausch mit den Bundesbehörden zur Festlegung der nächsten konkreten Schritte. Denn eine Öffnung muss praxistauglich konzipiert sein. Umgekehrt darf auch kein Zwang zur Wiedereröffnung daran gekoppelt werden: Eine sehr grosse Zahl von Kulturunternehmen kann unter relativ restriktiven Bedingungen nicht kostendeckend veranstalten. Hier bleiben die begleitenden Unterstützungsmassnahmen überlebenswichtig.
…und in der Unterstützung endlich vereinfachen und Lücken schliessen
Unabhängig davon, wie rasch wieder geöffnet wird: Die Krise und ihre wirtschaftlichen Folgen sind noch lange nicht ausgestanden. Durch den Produktionsstau des vergangenen Jahres, die vielen Verschiebungen und die lange Vorlaufzeit für grössere Veranstaltungen, wird es selbst im Idealfall noch viele Monate dauern, bis im Kulturbereich wieder Normalbetrieb herrscht.
Wir fordern das Parlament und die Verwaltung auf, in der Frühjahrssession ab 1. März
- die Lücken in den bestehenden Unterstützungs- resp. Entschädigungsmassnahmen für das weitgehende Berufsverbot im Kultursektor zu schliessen
- die Abläufe so weit zu vereinfachen, dass die Unterstützungsgelder rechtzeitig bei den notleidenden Kulturschaffenden und -unternehmen ankommen.
Diese Forderungen werden von einer stündlich wachsenden Zahl von tausenden Kulturschaffenden auch in einer Petition ans Parlament unterstützt:
https://www.change.org/culture2021
Die wirtschaftliche Krise bedroht die kulturelle Vielfalt stärker denn je: Nach fast einem Jahr sind die Reserven aufgebraucht. Das gilt für Kulturschaffende aller Bereiche und ebenso für die Kulturunternehmen. Auch die Vereine in der Laienkultur stehen vor existenziellen Zukunftsfragen, genau wie die privatrechtlichen Betriebe der kulturellen Bildung, die seit Beginn der Pandemie von den Massnahmen für die Kultur ausgeschlossen sind.
Ein erster Blick in die bundesrätliche Botschaft zur Anpassung des Covid-19-Gesetzes stimmt leider wenig optimistisch. Neben der rückwirkenden Wiedereinführung von Ausfallentschädigungen für Kulturschaffende, die zu begrüssen ist, werden viele andere Forderungen, die vom Kultursektor schon seit Monaten dringlich gefordert werden, ignoriert. Dazu gehören u.a. die Verbesserungen im Bereich des Erwerbsersatzes für Selbstständige, der Zugang für Freischaffende (Angestellte mit kurzen befristeten, meistens projektbezogenen Anstellungen) zu allen kulturspezifischen Massnahmen oder auch eine bessere taugliche Absicherung für Veranstaltende.
Die Taskforce Culture, die eine breite Allianz von Verbänden aus allen Bereichen der Kulturarbeit vertritt, hat ihre Forderungen auf der Website www.taskforceculture.ch veröffentlicht und setzt sich intensiv für ein verbessertes und vereinfachtes Paket der Hilfsmassnahmen ein.
Die Mitglieder der Taskforce Culture:
Olivier Babel (LIVRESUISSE), Stefan Breitenmoser (SMPA – Swiss Music Promoters Association), David Burger (MMFS – MusicManagersForum Suisse), Regine Helbling (Visarte – Berufsverband visuelle Kunst Schweiz), Liliana Heldner (DANSE SUISSE – Berufsverband der Schweizer Tanzschaffenden), Christian Jelk (Visarte – Berufsverband visuelle Kunst Schweiz), Sandra Künzi (t. Theaterschaffende Schweiz), Alex Meszmer (Suisseculture), Marlon Mc Neill (IndieSuisse – Verband unabhängiger Musiklabels und -produzent*innen, SMECA – Swiss Media Composers Association), Jonatan Niedrig (PETZI – Verband Schweizer Musikclubs und Festivals), Nicole Pfister Fetz (A*dS – Autorinnen und Autoren der Schweiz, Suisseculture Sociale), Rosmarie Quadranti (Cultura), Nina Rindlisbacher (SMR – Schweizer Musikrat), Beat Santschi (SMV – Schweizerischer Musikerverband, die Schweizer Musiker*innengewerkschaft), Christoph Trummer (SONART – Musikschaffende Schweiz), Salome Horber (Cinésuisse – Dachverband der Schweizerischen Film- und Audiovisionsbranche)