Laurent Mettraux, Übersetzung: Daniel Lienhard , 09.09.2022
An der DV am 19. Mai dieses Jahres haben die Delegierten vier neue Mitglieder des Zentralvorstands gewählt, die wir Ihnen hier vorstellen. Die neue Co-Präsidentin und der neue Co-Präsident haben uns auch einige Fragen beantwortet.
Muriel Noble wurde in Lausanne geboren und begann mit sechs Jahren Geige zu spielen. Neben ihrer Sekundarschulbildung und der Begegnung mit Rose Hemmerling-Dumur studierte sie in der Berufsklasse von Patrick Genet am Conservatoire von Fribourg, wo sie ihr Lehrdiplom mit Auszeichnung erhielt. Nachdem sie Preisträgerin am Wettbewerb der Jeunesses Musicales Suisse wurde, entschloss sie sich, sich ausschliesslich der Musik zu widmen. Sie setzte ihre musikalische Ausbildung bei Margarita Karafilova am Coservatoire von Lausanne fort und beendete dort ihr Studium mit dem «Premier prix de virtuosité avec les félicitations du jury». Sie besuchte unter anderem Meisterkurse bei Franco Gulli, Philippe Hirshhorn und Raphaël Oleg. Seit August 2000 gehört Muriel zum Register der ersten Geigen im Orchestre de la Suisse Romande. Sie tritt in der Schweiz und im Ausland mit verschiedenen Kammermusikensembles auf, so etwa mit dem Trio Ré-Fa-Si Tango und dem Trio Acor.
Welches sind die Gründe, die Dich veranlasst haben, als Co-Präsidentin des SMV zu kandidieren?
Muriel Noble: Nachdem ich seit einigen Jahren Schriftführerin der Sektion Genf des SMV bin und erfahren und gesehen habe, wo die Probleme der Musiker*innen liegen, hatte ich Lust, meine Energie direkt da zu investieren, wo die Entscheidungen getroffen werden und wo gehandelt wird, nämlich im Zentralvorstand des SMV.
Es lag mir immer besonders am Herzen, mich für die Belange der Selbstständigen und Freischaffenden einzusetzen, ob es sich nun um die Einhaltung des Mindestlohns, der vom SMV festgelegt wird und bei weitem nicht überall respektiert wird, oder um das Recht auf Mutterschaftsgeld, auf den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung oder schlicht und einfach um den Respekt vor dem Musiker*innenberuf handelte.
Auf welche Themen möchtest Du in den kommenden Jahren den Schwerpunkt legen?
Ich möchte mich für unsere ganz neue Kommission für Gleichstellung und Diversität einsetzen (siehe den Artikel auf den SMV-Seiten in der letzten SMZ-Ausgabe) und sie weiterentwickeln, zum Beispiel mit Webinaren und mit Empfehlungen für alle Schweizer Orchester, wie an Ort und Stelle gegen jede Form von Diskriminierung vorgegangen werden kann. Letztere in der Kunstszene zu ächten ist äusserst wichtig und dringend, und es muss auch klar hervorgehoben worden, dass sich der SMV für eine Nulltoleranz bezüglich Mobbing, Rassismus und Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts ausspricht.
Ich möchte auch darüber informieren, dass die Entwicklung eines Fötus durch Lärmbelastung leiden kann, was noch zu wenig bekannt ist, und einige Krankheiten von Musiker*innen enttabuisieren.
Und schliesslich müssen wir nach wie vor den Minimaltarif des SMV verteidigen: es ist eine Schande, feststellen zu müssen, dass Schweizer Ensembles und Festivals dieses Minimalhonorar immer noch nicht respektieren und unter verschiedenen Vorwänden ihre Berufsmusiker*innen unterbezahlen.
Wie schätzt Du die Entwicklung der gewerkschaftlichen Arbeit im Orchester während der letzten Jahre und in den nächsten Jahren ein?
In den Orchestern mit einem Gesamtarbeitsvertrag ist die Arbeit des SMV von Erfolg gekrönt gewesen und ist es immer noch, und die Verwaltungen halten sich an die Abmachungen, soweit es ihre festangestellten Musiker*innen betrifft.
Leider muss man feststellen, dass die Rechte der Aushilfen nicht immer gewahrt sind.
Im Übrigen müssen wir uns in Erinnerung rufen, dass kein Recht für immer erkämpft ist: wir alle müssen unsere Rechte unablässig verteidigen.
Davide Jäger wurde 1981 im Tessin geboren. Wichtige musikalische Impulse erhielt er von seinem ersten Oboenlehrer Federico Cicoria und dem berühmten Geiger Peter Rybar, der ihm ein Mentor war. Nach einem Zwischenjahr in der Konzertklasse des Konservatoriums Lugano bei Hans Elhorst erlangte er in der Klasse von Simon Fuchs an der Zürcher Hochschule der Künste zuerst das Konzertdiplom und später das Solistendiplom. Als Solist ist Davide Jäger mit dem Zürcher Kammerorchester, der Kammerphilharmonie Graubünden, dem Orchestra della Svizzera Italiana und dem Young European Philharmonic Orchestra aufgetreten. Nach Engagements als Solo-Oboist der Kammerphilharmonie Graubünden und als Zuzüger des Tonhalle-Orchesters Zürich sowie des Orchestra della Svizzera Italiana und weiterer Berufsorchester in der Schweiz und im Ausland spielt er im Sinfonieorchester St.Gallen als Stv. Solo-Oboist und Englischhornist.
Welches sind die Gründe, die Dich veranlasst haben, als Co-Präsident des SMV zu kandidieren?
Davide Jäger: Nachdem ich seit 2014 als Präsident des Orchestervorstands des Sinfonieorchesters St. Gallen tätig war, fühlte ich mich bereit für einen Wechsel. Ich schätze die Gewerkschaftsarbeit sehr, und es ist für mich sehr wichtig, mich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Musiker*innen einzusetzen. Ich hatte aber das Bedürfnis, es in anderer Form zu bewirken. Dass eine Stelle als Co-Präsident des SMV frei wurde, kam genau zur richtigen Zeit, und die Perspektive einer gewerkschaftlichen Tätigkeit auf einer höheren, nämlich nationalen, Ebene bewog mich, zu kandidieren.
Auf welche Themen möchtest Du in den kommenden Jahren den Schwerpunkt legen?
Es gibt viele Themen, die mich interessieren, aber wenn ich eine Wahl treffen müsste, würde ich mich zuallererst für die politische Arbeit zugunsten des SMV-Tarifs entscheiden. Es gibt immer noch zu viele kulturelle Institutionen und Konzertveranstalter, die den Musiker*innen unseren Minimaltarif und die damit verbundenen Spesen nicht bezahlen. Der SMV-Tarif muss auf nationaler Ebene die Grundlage für jede temporäre musikalische Beschäftigung werden. Es ist klar, dass das nur möglich sein wird, wenn man generell mehr Geld in die Kultur investiert, und zwar im ganzen Land. Genau um diesen Punkt muss man kämpfen, weil jeder Franken mehr für die Kultur die Welt besser macht.
Wie schätzt Du die Entwicklung der gewerkschaftlichen Arbeit im Orchester während der letzten Jahre und in den nächsten Jahren ein?
Ich stelle eine ziemlich weit verbreitete Tendenz in den Orchestern fest, sich nicht für gewerkschaftliche Belange zu interessieren. Es wird immer schwieriger, Freiwillige zu finden, die zum Beispiel in den Kommissionen mitarbeiten wollen, während sich gleichzeitig die Leute beklagen, wenn etwas nicht klappt. Mein Rat, vor allem in Richtung der jungen Musiker*innen, ist es, die gewerkschaftliche Arbeit auszuprobieren. Nur so kann man herausfinden, worin sie besteht, und man lernt zu unterscheiden, was möglich ist und was nicht. Gleichzeitig ist es unsere gewerkschaftliche Verantwortung, die jungen Musiker*innen so früh wie möglich für die Ausübung ihrer gewerkschaftlichen Rechte zu sensibilisieren, am besten schon während des Studiums.
Markus Forrer verbrachte seine Kindheit in Dübendorf und Milwaukee, USA. Nach der Matura zog er nach Basel, wo er bei Hans Rudolf Stalder und nach dessen Pensionierung bei François Benda studierte. Anschliessend vervollständigte er seine Studien bei George Pieterson in Amsterdam. Im Jahr 2000 trat er seine Stelle als 2. Klarinettist und Es-Klarinettist im Sinfonieorchester Basel an. Einige Jahre später war Markus Forrer als Sektionspräsident des SMV in die wegen Subventionskürzungen leider unumgängliche Verkleinerung des SOB involviert. Um Entlassungen zu vermeiden, mussten einige Pensen reduziert werden, darunter auch sein eigenes. Die schwierige Situation in Basel ermöglichte ein dreijähriges Sabbatical in New York, wo er unter anderem als “Artist Teacher” in den Klassenzimmern der South Bronx Klarinette und Blockflöte unterrichtete. In dieser Zeit leitete er auch drei Jahre lang ein Klarinettenfestival in Montevideo. Heute lebt Markus Forrer mit seiner Familie in Basel. Im SOB ist er inzwischen wieder zu 100% angestellt. Daneben spielt er gerne mit Freunden Kammermusik, tritt gelegentlich als Solist auf, beschäftigt sich mit historischen Instrumenten, veranstaltet Konzerte und freut sich auf seine neue Aufgabe als Zentralvorstand.
Sebastian Schindler studierte 2001-2003 Horn an der Musikakademie Basel bei Prof. Christian Lampert und Horst Ziegler (Assistenz). 2011-2013 folgte ein Studium Master Pedagogy an der HKB Bern mit Hauptfach Naturhorn bei Prof. Thomas Müller sowie Nebenfach Dirigieren Blasmusik bei Ludwig Wicki und Dominique Roggen. Seit der Spielzeit 2008/2009 ist er stellvertretender Solohornist des Berner Symphonieorchesters. Seit 2015 unterrichtet er eine eigene Hornklasse an der Musikschule Seeland Ins. 2018 leitete er das Hornensemble beim internationalen Hornfestival „Carneval de Cor“ in München. Von 2013-2018 war er Präsident der SMV-Sektion Bern.