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Delegiertenversammlung am Rheinknie

Die diesjährige Delegiertenversammlung (DV) des Schweizerischen Musikerverbands SMV fand in Basel statt. In der drittgrössten Schweizer Stadt wird voraussichtlich noch in diesem Jahr eine wichtige kulturpolitische Entscheidung fallen.

Die Gewerkschaftssekretärin Jessica Frossard eröffnete die DV im Probelokal des Sinfonieorchesters Basel mit Alphorn und Jodel. Anschliessend begrüsste der Co-Zentralpräsident Davide Jäger die Delegierten und Vertreter wichtiger Schweizer Musikinstitutionen als Gäste. Er wies darauf hin, dass der SMV dieses Jahr seinen 110. Geburtstag feiern kann und das Leben der Musiker*innen besser und sicherer gemacht habe. Die Co-Zentralpräsidentin Muriel Noble wünschte dem Verband weiterhin Enthusiasmus, Mut und Geduld. Kleine Schritte würden ihn voranbringen. In seinem Grusswort erwähnte Zentralvorstandsmitglied Markus Forrer von der Sektion Basel, wie unglaublich viele Orchester und Konzerte aller Stilrichtungen von der alten bis zur zeitgenössischen Musik es in der Stadt gibt, dazu eine grosse Musikhochschule, die laufend talentierte junge Musiker*innen «produziert». Viel Musik für eine mittelgrosse Stadt von etwas über 170’000 Einwohner*innen, fand Forrer. Bei so viel Licht gibt es auch Schatten: Eine Initiative für mehr Musikvielfalt, die die erforderlichen 3000 Stimmen mühelos erreichte, verlangt, dass im Kanton Basel-Stadt künftig das freie, nicht-institutionelle Musikschaffen mit mindestens einem Drittel des jährlichen Musikbudgets gefördert wird. Die Initiant*innen kritisieren, dass 90% der öffentlichen Fördergelder an Orchester sowie Institutionen der Klassik (inkl. alte und zeitgenössische Musik) gehen und mit den Steuergeldern einseitig eine bestimmte Art von Musik unterstützt würde. Ihrer Meinung nach gebe es das breite Angebot in der Stadt, zu dem ausser der Klassik auch Blues, Electronica, Hip-Hop, Jazz, Pop, Rock, Metal, World Music, Dance und vieles mehr gehöre, nur dank den freien Musikschaffenden.

Umstrittene Initiative

Franziskus Theurillat, der Orchesterdirektor des Sinfonieorchesters Basel und Co-Präsident des Vereins Netzwerk Kulturpolitik Basel, erläuterte den Delegierten seine Sicht auf die Initiative: Sie würde zwar grosse Chancen bieten und den Anliegen der Initiant*innen würde ein gewisses Verständnis entgegengebracht, bestehende Institutionen würden aber massive Kürzungen riskieren, und es würde sogar ihr Fortbestand gefährdet. Regierungsrat und Bildungs- und Kulturkommission haben sich gegen die Initiative ausgesprochen. Der Verein Netzwerk Kulturpolitik Basel, zu dessen Mitgliedern fast zwanzig Basler Kulturinstitutionen gehören, verlangt nun, dass der Initiative ein Gegenvorschlag gegenübergestellt wird, in dem eine Umsetzung durch eine Erhöhung des Budgets vorgeschlagen wird und ebenfalls eine zusätzliche Programm-, Spielstätten- und Strukturförderung für Institutionen, welche die freie Szene beheimaten und fördern, einbezogen würde. Theurillat wies darauf hin, dass der Kanton Basel-Stadt in den letzten Jahren gewaltige Überschüsse erwirtschaftet habe und sich die zusätzlichen Ausgaben von ca. 8,1 Millionen Franken für die Kultur ohne weiteres leisten könnte.

Zustimmung zur Verbandsarbeit

Das Protokoll der letzten DV vom 15. Juni 2023, der Tätigkeitsbericht des Zentralsekretärs Beat Santschi und die Jahresrechnungen der Zentralkasse, der Sterbekasse und des Solidaritätsfonds sowie das Budget 2024 wurden anschliessend genehmigt und der positive Bericht der Geschäftsprüfungskommission zur Kenntnis genommen. Dem Zentralvorstand und dem Zentralsekretär wurde einstimmig die Décharge erteilt. Auch bei den Wahlen gab es keine Überraschungen: Alle bisherigen Vertreter im Zentralvorstand, in Kommissionen und Institutionen wurden einstimmig wiedergewählt, ebenso die Co-Zentralpräsident*innen und der Zentralsekretär. In die feministische Kommission des SGB wurden Muriel Noble und Elisabeth Goering (als Stellvertreterin) gewählt und Sebastian Schindler wurde als Vertreter des SMV im Stiftungsrat der SON-Stiftung gewählt. Neue Mitglieder der Geschäftsprüfungskommission sind Maximilian Näscher und Stefanie Sampaio de Medeiros (als Stellvertreterin). Den Zentralvorstand verlassen Catherine Suter und Luca Borioli. Wir werden zu einem späteren Zeitpunkt an ihre Verdienste erinnern und das neugewählte ZV-Mitglied Birgit Thorgerd Müller vorstellen. In der Präsidentenkonferenz, die vor der DV stattfand, wurde vorgeschlagen, für die Schweiz eine sogenannte «Aushilfenampel», wie sie in Deutschland von unisono online publiziert wird, einzuführen, aus der sofort ersichtlich ist, ob sich Orchester bei der Bezahlung von Zuzügern ganz, teilweise oder gar nicht an die SMV-Tarife halten.