„Windstille der Seele” nannte Nietzsche die Langeweile. Es mag schon mal vorkommen, dass dieser Zustand mit ganztägigen Konferenzen assoziiert wird. Nietzsche betrachtete Langeweile jedoch als positiv. Wie dem auch sei: Während der Delegiertenversammlung am 17. Mai im Casino-Theater Winterthur herrschte alles andere als „Windstille“.
Im Fokus stand gleich zu Beginn die aktuelle Situation des Musikkollegium Winterthur, eine der ältesten und namhaftesten Musikinstitutionen Europas, wie der neue Winterthurer Stadtpräsident Michael Künzle in seiner Begrüssungsrede betonte. Sichtlich erfreut, dass der SMV Winterthur als Veranstaltungsort ausgewählt hatte, sprach sich Künzle trotz der finanziell angespannten Lage zuversichtlich für eine gesicherte Zukunft des MKW aus. Sein Engagement im Trägerverein MKW wurde von den Teilnehmern der Delegiertenversammlung mit Beifall gewürdigt.
Im Januar 2012 sollte das MKW auf ein Teilzeitorchester (75%) gestutzt werden. Angekündigte Subventionserhöhungen (Fr.150‘000) seitens der Stadt wurden wegen Budgetknappheit wieder gestrichen. In diesem Zuge gründete man den Förderverein „Allegro – Freundeskreis Orchester Musikkollegium Winterthur“. Ziel sei, die herausragende Qualität des Orchesters und die Arbeitsplätze der Musiker zu sichern, so „Allegro“-Vizepräsident Bernhard Wyss in seiner Ansprache. Der Verein mit inzwischen über 130 Mitgliedern verstehe sich in der aktuellen Situation als Proteststimme; so ist dieser auch nicht im MKW-Vorstand vertreten.
Auch der Winterthurer SMV-Sektionspräsident Gerhard Kremser fand in seiner Ansprache deutliche Worte: Zur langfristigen und nachhaltigen Verbesserung der MKW-Situation halte er die bis dato nicht realisierten Subventionserhöhungen für unabdingbar. Schliesslich wird sich auch das Orchester mit dem neuen GAV entgegenkommend zeigen (Reduktion der Sommerferien von 8 auf 6 Wochen, Bereitschaft zur mehr Diensten ohne finanziellen Ausgleich).
Das Betriebsklima innerhalb des Orchesters sei erfreulicherweise harmonisch; die Krise habe die Musiker näher zusammenrücken lassen, bemerkte Kremser. In einer abschliessenden Diskussion kam zur Sprache, dass das Vertrauensverhältnis zur Orchesterdirektion hingegen gestört sei: undurchschaubar die Pläne und Visionen des Arbeitgebers bezüglich der Zukunft des Orchesters, problematisch die Doppelfunktion des Direktors, welcher auch auf privater Basis im Musikmanagement – womöglich konkurrierend – tätig ist.
Der satzungsgemässe Teil der Delegiertenversammlung begann mit der durchweg einstimmigen Abnahme von Protokoll (DV 2012), Tätigkeitsberichten, Jahresrechnungen (Zentralkasse, Solidaritätsfonds, Sterbekasse) und Budget 2013. Erfreulich war auch die einstimmige Entlastung von Zentralvorstand und Zentralsekretärin, begleitet von zustimmendem Beifall. Ausführlicher thematisiert wurde das Budget 2013. Eine Vereinbarung mit dem BAK für die Jahre 2013 bis 2015 sieht neben den bisherigen Leistungen zahlreiche Massnahmen vor, etwa den Ausbau von Website (Relaunch absehbar) und Social Media (siehe Facebook und Twitter), eine engere Zusammenarbeit zwischen den Berufsverbänden und die Ausweitung des Tarifkatalogs auf weitere Sparten. Die 10seitige Liste kann auf Anfrage gerne an die Sektionen weitergereicht werden. Grundsätzlich neu geregelt ist die Vergabe der BAK-Gelder: Anstelle der projektbezogenen Unterstützung erfolgt nun eine strukturelle Unterstützung, wobei der SMV als Gewerkschaft den Kriterien des BAK nun besser entspricht. Von einer langfristigen Unterstützung seitens des BAK darf ausgegangen werden.
Angesichts des immer komplexeren und aufwändigeren bürokratischen Austauschs zwischen Sektionen und Zentralsekretariat müsse man nach effizienteren Lösungen suchen, wurde in einem Antrag der Sektion Waadt gefordert. Es soll u.a. vermieden werden, dass die Mitgliederverwaltung doppelt geführt wird. Dieser fand bereits bei der morgendlichen Kassier-Konferenz einhelligen Zuspruch. Das Konzept zu einer effizienteren Zusammenarbeit sei von einer Arbeitsgruppe zu entwickeln, wobei am 17. Mai noch offen blieb, wie die Wahlprozedur der Teilnehmer abläuft. Desweiteren wurde der Wunsch nach einer Neuregelung der Mitgliederbeiträge diskutiert. Hintergrund dieser Diskussion war ein im Rahmen der DV 2012 abgelehnter Antrag der Sektion Genf auf Sondertarif für OCG-Mitglieder sowie die Unzufriedenheit mancher festangestellter Teilzeit-Orchestermusiker in Biel darüber, dass sie den vollen Beitrag zahlen müssen. Der Zentralvorstand gab zu bedenken, dass andere Gewerkschaften 1% des Einkommens berechnen, was oft zu Ungunsten der Beitragszahler ausfallen dürfte. Überlegt wurde, dass sich die zukünftige Arbeitsgruppe auch diesem Thema annehmen könnte.
Traktandum „Verschiedenes“: Die 2. Stufe der Mitgliederumfrage, mit welcher Arbeits- und Lohnbedingungen in freischaffenden Orchestern eruiert werden, wurde aufgeschaltet. Bitte beachten Sie dazu auch den separaten Hinweis auf dieser Doppelseite. Abgesehen davon wurde zum Besuch der dritten internationalen Orchesterkonferenz der FIM in Oslo aufgerufen (24. bis 26. Februar 2014).
Abschliessend wurde das bevorstehende 100jährige Jubiläum des SMV angesprochen. Es wird eine Jubiläumsschrift mit einer sozialgeschichtlichen Aufarbeitung der am 1.10.1914 gegründeten Gewerkschaft geben. Für diesbezügliche Hinweise, Unterlagen und überhaupt jegliches Material wäre die zuständige Arbeitsgruppe sehr dankbar. Eine Wanderausstellung für eine breite Zielgruppe ist ebenfalls angedacht. Desweiteren werden Jubiläumskonzerte an verschiedenen Orten der Schweiz stattfinden; die Zürcher Tonhalle wurde in diesem Zuge bereits für zwei Tage im Oktober 2014 reserviert.
Im Zusammenhang mit dem Redaktorenwechsel (SMZ-Basis) bedankte sich Beat Santschi im Namen des gesamten SMV bei Sara Imobersteg, die an diesem Tag leider verhindert war, für ihre langjährige redaktionelle Arbeit.
Aus Platzgründen können hier nicht alle Traktanden in ihrer tatsächlichen Ausführlichkeit behandelt werden. Daher sei auf das vollständige DV-Protokoll verwiesen.