Mein Kleiner, knapp drei Jahre alt, liegt auf der Seite am Boden in seinem Zimmer. Einen Arm ausgestreckt, den Kopf darauf gelegt, hat er in der Linken ein Lego-Auto (Lightning McQueen) und fährt mit diesem seit einer halben Stunde hin und her, kreuz und quer, schaut es unentwegt an – vielleicht die sich drehenden Felgen, vielleicht das «Gesicht», keine Ahnung. Jedenfalls ist er völlig versunken in sein Spiel. Ich erinnere mich an meine Kindheit, wie auch ich stundenlang – nichts von der Aussenwelt wahrnehmend – spielen konnte und welch ein rundum zufriedenes, glückliches Gefühl das war.
Lustig, denke ich, ich selber habe das «Spielen» ja sogar zu meinem Beruf gemacht. Ich spiele jetzt tagtäglich mein Instrument, das Fagott, verdiene damit mein Geld. Aber, was ist denn dabei eigentlich das spielerische Element, frage ich mich. Wieso spricht man überhaupt von «Instrument spielen», wo doch damit viel eher Üben, Lernen, Studieren, Dranbleiben etc. verbunden werden?
Schon als Kind war es doch mehr Pflicht als Spiel, die Eltern mussten ziemlich hinterher sein, damit das Instrument einigermassen regelmässig in die Hand genommen wurde. (Wie sagte noch mal der kleine Junge, als er den Einbrecher überraschte: «Wenn Sie meine Geige mitnehmen, sage ich meinen Eltern nichts…»)
Gut – die ersten Erfahrungen im gemeinsamen Musizieren, im Schulorchester oder mit Kammermusik liessen ein erstes «Spiel»-Gefühl aufkommen. Die bald zahlreicheren Musikerlebnisse im Ensemble führten wohl schliesslich zu diesem Wunsch, zu diesem Traum, Orchestermusiker zu werden. Daneben war die Verbindung von Zusammen-Spielen und Zusammen-Sein mit den anderen Spielern und vor allem Spielerinnen auch nicht ganz unwesentlich.
Doch, bestätige ich mir, das Zusammen-Musizieren im Orchester hat mit «Spielen» zu tun. Es lohnt sich, auch jetzt als Profi im Orchester-«Dienst», diesem «Spiel»-Gefühl nachzuspüren, es all den – wenn man ein Hobby zum Beruf gemacht hat – unvermeidbaren Widrigkeiten zum Trotz immer wieder aufs Neue zu suchen.
Die kleine Episode, welche ein Kollege neulich erzählte, kommt mir in den Sinn. Er hatte den ganzen Sonntag Nachmittag Parsifal gespielt, und als er schliesslich nach Hause kam, wurde er von seinem Kleinen gefragt, wo er denn solange gewesen sei. Er antwortete ihm, dass er Parsifal gespielt habe. Der Kleine darauf: «Und? Hast du gewonnen?» – Gar nicht so abwegig…
Dass aber auch das individuelle Spielen des Instruments mit Spielen zu tun haben muss, merke ich jeweils dann besonders, wenn ich nach dem Instrument-freien Sommerurlaub wieder mein Fagott «anschnalle». Die gleiche Freude, das gleiche Gefühl wie als Kind, wenn man nach den Ferien sein Zimmer und seine Spielsachen wiederfand. Also doch: Unser Instrument – ein tolles Spielzeug.
Nicht vergessen!
Urs Dengler, Mitglied Zentralvorstand SMV