Als eine von sechzehn eidgenössischen Organisationen ist der SMV an den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) angeschlossen, den grössten Arbeitnehmerverband der Schweiz. Gleich zu Beginn der Versammlung kam Daniel Lampart, Sekretariatsleiter des SGB, zu Wort. In seinem Kurzreferat unterstrich er die langjährige Zusammenarbeit zwischen SMV und SGB. Die Gesamtarbeitsverträge mit den Orchestern seien ein starkes Instrument, und was die Lohnbedingungen für Freischaffende anbelangt, beabsichtige man langfristig, Tarife für allgemeinverbindlich zu erklären. «Modernisierung» lautete das Schlagwort – auch beim folgenden Thema: die Anpassung der bundesrätlichen Steuervorlage 17 durch die Wirtschaftskommission des Ständerats. «Steuerreform und AHV-Finanzierung» heisst das Paket, das hinter verschlossenen Türen neu geschnürt wurde. Einstimmig ist es von der Kommission im Mai verabschiedet worden. Ihr Coup bestand darin, die Unternehmenssteuerreform mit der Sanierung der AHV zu verschmelzen, wie schon der Titel unschwer erkennen lässt. Die Verbesserungen, so Lampart, bestünden im Wesentlichen in der Erhöhung der Arbeitgeberbeiträge, in höheren Beiträgen des Bundes, sowie in der Anhebung der Arbeitnehmerbeiträge. Letztere Massnahme würde in gewissen Kreisen besonders gerne als Gegenargument für diesen Sanierungsvorschlag gebraucht. «Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass die AHV die Umverteilungsmaschine der Schweiz schlechthin darstellt», appellierte Lampart an die Versammelten. «Die oberen zehn Prozent der Schweizer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlen jeweils etwa eine halbe Million pro Jahr in die AHV, erhalten aber im gesamten Rentenalter kaum eine halbe Million ausgezahlt». Als höchst problematisch bezeichnete Lampart indes die geplanten Gewinnsteuersenkungen der Kantone. Sie könnten flächendeckend zu gravierenden Steuerausfällen und Mehrbelastungen führen, und damit zu Sparmassnahmen auf Kosten der Bevölkerung, nicht zuletzt auch im Kulturbereich. In diesem Zusammenhang verurteilte Lampart den Beschluss des bernischen Grossen Rates, die Firmensteuern im Kanton um fast drei Prozentpunkte zu senken. Er rief zu breiter Unterstützung des Referendums gegen die Steuersenkung auf. Mit einem Urnengang könnten die drohenden Steuerausfälle möglicherweise doch noch abgewendet werden.
Ein Grusswort der städtischen Kulturbeauftragten durfte ebenfalls nicht fehlen. Veronica Schaller bemerkte zunächst, dass Bern besonders in den Genres Pop und Rock vertreten sei, schwenkte dann aber bald zur Klassik über. Das Berner Sinfonieorchester habe unter Mario Venzago zu «ungeahnten Höhenflügen abgehoben». Auch kleinere Formationen und die freie Szene würdigte sie in ihrer Ansprache. «Bei uns treten sich Grosse und Kleine eben nicht gegenseitig auf die Füsse». Vor allem aber: Die Stadt Bern will die Kulturfördergelder für die Jahre 2020 bis 2023 um 2.3 Millionen Franken beziehungsweise sieben Prozent erhöhen. Man setze besonders auf direkte Projektförderung. «Mehr Geld, aber nicht mehr Kultur, sondern eine anders definierte Kultur, eine gemeinsam definierte und erlebte Kultur», proklamierte Schaller. «Die neuen Anforderungen an die Kultur werden auch die klassischen Musikerinnen und Musiker treffen, irgendwann werden sie auch die grossen Orchester in ihrer Arbeit beeinflussen». Die Veränderungen dürften jedoch keinesfalls auf Kosten jener gehen, die Kultur produzieren, hielt die Kulturbeauftragte fest.
Jüngst zur Präsidentin des Schweizer Musikrats gewählt, richtete auch Rosmarie Quadranti einige Worte ans Plenum: «Obwohl die meisten Menschen in diesem Land Musik hören, haben die Musikerinnen und Musiker nicht den Stellenwert, der ihnen zusteht.» Das Schweizer Musikschaffen sei nicht zuletzt auch Teil der Swissness, die man ins Ausland trage, bemerkte die 60-jährige Nationalrätin. «Wenn Nietzsche sagte, dass das Leben ohne Musik ein Irrtum wäre, so ist es nicht minder ein Irrtum, zu meinen, dass Musikschaffende allein von den Tönen leben können. Diesen Irrtum müssen wir vollständig ausräumen». Auch nach 104 Jahren seines Bestehens stünden noch etliche Aufgaben vor dem SMV, so Quadranti verschmitzt lächelnd.
Die wichtigsten Punkte des satzungsgemässen Teils der DV im Überblick: Einstimmig abgenommen wurden die Tätigkeitsberichte von Zentralvorstand und Zentralsekretariat. Gleiches betraf sämtliche Jahresrechnungen und den Bericht der Geschäftsprüfungskommission. Vorstand und Zentralsekretärin sind für ihre zuverlässige und engagierte Arbeit im Geschäftsjahr 2017 einstimmig entlastet worden. Auch die Annahme des Budgets für das laufende Geschäftsjahr erfolgte ohne Gegenstimme.
Ferner fand ein Antrag der Sektion Zürich uneingeschränkte Zustimmung. Gegenstand des Begehrens ist die Bildung einer Arbeitsgruppe, die sich «mit möglichen Modellen von überregionalen Verbandseinrichtungen zur Arbeitsvermittlung auseinandersetzt und dem Zentralverband bzw. dem Zentralsekretariat entsprechende Vorschläge zur Realisierung unterbreitet». Zur Begründung hiess es unter anderem, sektionsspezifische Geschäftsstellen zur Arbeitsvermittlung seien nicht mehr zeitgemäss. Ein gesamtschweizerisches Modell sei anzustreben.
Sämtliche amtierenden Zentralvorstandsmitglieder hatten sich im Vorfeld der Versammlung für eine weitere Amtsperiode zur Verfügung gestellt. Sie wurden zusammen mit der Zentralsekretärin für zwei weitere Jahre bestätigt. Norbert Himstedt hingegen liess in absentia seinen Rücktritt als Beisitzer ohne Stimmrecht bekanntgeben. Die Ergebnisse der Wahlen und Nominationen in externe und interne Gremien ist dem Protokoll der DV zu entnehmen.
Wie jedes Jahr standen abschliessend Rückmeldungen aus der vorangegangenen Präsidentenkonferenz auf der Tagesordnung. Der Zentralpräsident informierte kurz über den Stand der Dinge in Sachen Good Governance. Zur Erinnerung: Im Vorjahr haben die Delegierten einen Antrag auf Gründung eines SMV-internen Gremiums gutgeheissen, das zwischenzeitlich ein leitbildähnliches Papier entworfen hat, an dem sich die «leitenden Funktionsträger immer wieder neu orientieren können und sollen», wie es im Antrag heisst. Santschi kündigte die Vorlage des Papiers zuhanden der ordentlichen Delegiertenversammlung 2019 an, zwischenzeitlich werde die Arbeitsgruppe das Dokument finalisieren.
Zu einem aktiven Verbandsleben gehören auch Personalwechsel: Nach rund drei Jahren verlässt Assistentin Sophie Spillmann auf eigenen Wunsch das Zentralsekretariat, um sich neuen beruflichen Herausforderungen zu stellen. Das Plenum verabschiedete Sophie mit lautem Beifall. Gleich darauf wurde ihre Nachfolgerin vorgestellt: Marlise Gachot. Sie hat ihre Mitarbeit im Zentralsekretariat bereits am 1. Juni aufgenommen (siehe auch die Meldung in der letzten Ausgabe).
Johannes Knapp, 28.06.2018