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Mitgliedschaft und Verantwortung

Liebe Leser,
die Meisten von Ihnen, die sich dieses Präludium zu Gemüte führen, sind, so nehme ich jedenfalls an, Mitglied des SMV. Einige sind erst seit kurzem Mitglied, andere schon länger, einige wenige schon seit sehr langem (81 Jahre Mitgliedschaft soll der Rekord aus der Sektion Basel betragen!). Doch soll im folgenden Text weniger von der Länge einer Mitgliedschaft die Rede sein als eher vom Engagement der Mitglieder dieses Verbandes innerhalb einer solchen.

Die Mitglieder des SMV könnte man in zwei Kategorien einteilen. Nennen wir sie doch mal die «Aktiven» und die «Passiven». Oder die «Bewussten» und die «Unbewussten». Zuerst etwas zu den «Unbewussten». Das kann ein Mitglied sein, das irgendwann, bei einem Stellenantritt in einem Schweizer Berufsorchester zum Beispiel, von der örtlichen Sektion des SMV erfolgreich angeworben wurde und seither brav und zuverlässig monatlich seinen Mitgliedsbeitrag entrichtet. Dieses Mitglied weiss in der Regel die Tarife für Probe und Konzert auswendig, wenn auch meist nicht auf den Franken genau; kommt, wenn man es ein, zwei Tage vorher nochmals daran erinnert, nicht ungern zur Sektionsversammlung (Umtrunk!); ist auch gerne mal bereit, die eine oder andere Mugge, für die er via Geschäftsstelle der Sektion angefragt wird, zu spielen. Ob er die Musikerzeitung liest, weiss ich nicht. In jüngeren Jahren sicher noch die Inserate. Ein paar Probespieljahre später wohl nicht mal mehr diese. Dabei möchte ich hier nicht das Bild eines langweiligen Faulpelzes zeichnen. Nein, denn unser Mitglied ist an sich durchaus aktiv. Spielt auf hohem Niveau Kammermusik. Gibt in den Ferien Musikkurse. Treibt Sport. Hat Hobbys. Kann kochen (und bügeln). Ist ein grossartiger Familienvater.
Doch beim SMV? Meist ist es schwierig, «Unbewusste» dazu zu bewegen, auch nur ein kurzzeitiges Amt anzunehmen. Stimmenzähler an einer Sektionsversammlung liegt gerade noch drin. Einen «Passiven» dazu zu bewegen, an einem freien Wochenende einen Tag zu opfern, um als Delegierter an einer Versammlung in z. B. Bern teilzunehmen, ist meist ein schweres Unterfangen. Oft nützt alle Überredungskunst wenig.
So bleibt dann sehr vieles an den wenigen «Aktiven» hängen. Was sind das denn nun eigentlich für Leute, diese «Aktiven» in den Verbänden, insbesondere beim SMV? Irgendwelche Ober-Pfadfinder? Egomanen? Profilneurotiker? Leithammel? Möchtegern-Chefs? Wohl eher weniger. Und wenn, dann jedenfalls nur so viel, als dass auf einer anderen Seite der Persönlichkeit genügend Teamfähigkeit und Sozialkompetenz vorhanden sind, um beispielsweise in einem Sektionsvorstand gute Arbeit verrichten zu können. Vermutlich aber sind bei den «Aktiven» nicht wenige «Unbewusste» dabei, die sich nach einigen Jahren Erfahrung im Berufsleben zu diesem und jenem Problem Gedanken gemacht haben, ja; sich einiges «bewusst» wurden. Mitglieder, die nach und nach gemerkt haben, dass der SMV zwar selten von heute auf morgen Berge versetzen kann, jedoch durchaus die Rolle des berühmten Tropfen übernehmen kann, den ebenso bekannten Stein auszuhöhlen. Dies selbstverständlich unter der Bedingung, dass man eben dranbleibt und nicht so schnell aufgibt. Ebenfalls hat dieses sich gewandelte Mitglied gemerkt, dass der SMV sehr auf Solidarität aufbaut, ohne die er nicht viel wert wäre. Dies betrifft kleinere Taten wie die Unterstützung von Kollegen in materiellen Schwierigkeiten und geht hin bis zu internationalen Projekten in Zusammenarbeit mit der FIM, wo z. B. bei unsozialem Verhalten seitens gewisser Orchester-Managements Boykott-Aufrufe (für Probespiele) erfolgen können.
Es zeigt sich auch, dass es wichtig ist, allen Mitgliedern zuzuhören, was viel Zeit beanspruchen kann, jedoch zu den wichtigen Aufgaben eines Berufsverbandes gehört. Keine Solidarität ohne Kommunikation!!
In diesem Sinne wünsche ich allen eine schöne Weihnachtszeit. Den Freischaffenden eine lukrative und künstlerisch befriedigende «Hochsaison» und den Festangestellten einen familienfreundlichen Dienstplan.

Alain Pasquier, Mitglied Zentralvorstand SMV